Nachrichten Ansicht Landeskirche

17.05.2022 Kategorie: Pressestelle

Im Zeichen des Krieges

"Abend der Begegnung" mit Diakonie-Präsident Ulrich Lilie

Braunschweig (epd/Eig. Ber.). Diakonie-Präsident Ulrich Lilie hat angesichts der Hunderttausenden ukrainischen Flüchtlinge in Deutschland mehr Hilfe gefordert. Es gehe um „dringend benötigtes Personal und professionelle Unterstützung“ für die vielen engagierten Ehrenamtlichen, sagte Lilie am 17. Mai im Braunschweiger Dom. „Auch deren Kräfte sind begrenzt.“ Die Flüchtlinge träfen auf Mitarbeitende, denen zudem die Beanspruchungen durch die Corona-Pandemie in den Knochen steckten.

Rund 70 Prozent der Flüchtlinge seien Frauen und Kinder, sagte Lilie. Die Hälfte der Frauen habe eine berufliche Qualifikation, die den deutschen Fachhochschulabschlüssen entspreche, viele seien hervorragend beruflich ausgebildet. „Deshalb geht es nun darum, alles für einen schnellen Spracherwerb, sichere Unterkunft und schnellen Zugang zu qualifizierter Arbeit zu tun.“ Dafür brauche es aber auch Kindertagesstätten- und Schulplätze in großer Zahl.

Der Angriffskrieg auf die Ukraine ziehe eine komplexe und weitreichende humanitäre Krise nach sich, sagte Lilie beim Jahresempfang der Evangelisch-lutherischen Landeskirche in Braunschweig. Der Krieg habe mit vielen Millionen Vertriebenen die derzeit größte Flüchtlingsbewegung weltweit ausgelöst und markiere eine „Zeitenwende“. Die Folgen für die Nachbarländer, auch für Deutschland, und die erheblichen Auswirkungen auf Afrika und Asien seien extrem dynamisch und nicht absehbar.

Zu den weltweiten Kriegsfolgen kämen die globalen Folgen der Pandemie wie in Asien hinzu, warnte der Präsident der Diakonie Deutschland. „Die wirtschaftlichen Auswirkungen der Lockdowns sind in vielen unserer Partnerländer immer noch massiv und verschärfen dort neben der drohenden Weizenknappheit die Not.“ Bis heute sei außerdem keine gerechte Verteilung der Impfstoffe erreicht.

Bei allem großartigen Engagement für die Menschen in der Ukraine dürften daher andere Kriege und Krisen wie im Jemen, Libanon, Afghanistan oder Ostafrika nicht völlig aus dem Blick geraten, forderte Lilie. Allein am Horn von Afrika seien derzeit rund 15 Millionen Menschen aufgrund einer schweren Dürre von akutem Hunger bedroht und durch die steigenden Preise spitze sich die Lage weiter zu.

Landesbischof Dr. Christoph Meyns sagte, der Krieg sei mehr als ein Ereignis. Er sei eine Macht, die uns ergreift, wenn wir nicht wachsam sind. Deswegen setzten Christen dem Krieg gelassene Nüchternheit und Verstand entgegen, getragen vom Frieden Gottes. Außerdem gehe es darum, der Spaltung in Freund und Feind entgegenzuwirken: „Denn wir wissen, die Grenze zwischen Gut und Böse verläuft nicht zwischen Gruppen, sie verläuft durch jeden Menschen hindurch.“

Gleichwohl gelte es Gewalt einzudämmen und das Recht zu schützen, „wenn nötig mit Gegengewalt“. Aber das könne nicht alles sein. Es müsse zugleich die Chance für einen Neuanfang geben. Meyns warnte davor, in Waffenlieferungen die moralisch bessere Alternative zu sehen: „Wir kommen nicht darum herum, schuldig zu werden in einem Krieg.“ Werden Waffen geliefert, sterben Menschen, werden keine geliefert, auch.

Andacht im Wortlaut

Vortrag von Ulrich Lilie im Wortlaut

Im Braunschweiger Dom: Diakonie-Präsident Pfarrer Ulrich Lilie (r.) und Landesbischof Dr. Christoph Meyns.

Beim Festvortrag: Diakonie-Präsident Lilie im Braunschweiger Dom. Fotos: Klaus G. Kohn